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Daten als Grundlage der Digitalisierung der Energieversorgung

Interview mit Gunnar Greiter, CEO Sysdex AG

Kleine und mittelgrosse EVU stehen im Umgang mit Kunden- und Nutzungsdaten vor Herausforderungen. Outsourcing kann Sicherheit bringen und zugleich die Chancen der Digitalisierung nutzen helfen, sagt Gunnar Greiter vom EVU-Datenspezialisten Sysdex im Interview.

xseed.works vertritt die Ansicht, dass für Energieversorgungsunternehmen vermehrt die Kommunikation mit Endgeräten bei Endkunden Schlüssel/Erfolgsfaktor für das Kerngeschäft werden wird. Was ist Ihre Sicht dazu?

Ganz allgemein wird die Kommunikation der Energieversorger mit Geräten bei den Endkunden zunehmen. Neben den intelligenten Messsystemen aktuell im Rollout, wird die Nutzung der Flexibilitäten des Endkunden vorangetrieben. Es soll ein entsprechender Markt entstehen. Voraussetzung dafür sind neben Nutzungsdaten aus Verbrauchern/Batterien/Einspeisungen auch die Möglichkeit über Steuerbefehle direkt einzugreifen. Die Kommunikation wird Schlüssel.

Sysdex AG kümmert sich als Dienstleister um die Verarbeitung der Daten von Energieunternehmen. Welchen Stellenwert hat diese Dienstleistung heute und wie beurteilen Sie die Entwicklung derselben? Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz?

Mit der Digitalisierung werden erheblich mehr Daten als bisher verarbeitet. Neben Netzunterhalt und Netzausbau wird damit die Datenbearbeitung eine kritische Aufgabe. Sie fordert EVU neue Kompetenzen aufzubauen resp. in Kooperation mit Spezialisten, wie der Sysdex, zusammenzuarbeiten. Wichtig für die Energieversorger ist es, die Kontrolle über die Daten und die Prozesse zu behalten.

Künstliche Intelligenz KI spielt in einer Gesamtbetrachtung für die Energieversorger noch eine untergeordnete Rolle, nicht zuletzt aufgrund der schwachen Datenbasis. Im Bereich der Auswertungen und Optimierung wird KI künftig an Bedeutung gewinnen. Für Energiebeschaffungsprognosen können beispielsweise bereits KI gestützte Modelle eingesetzt werden.

Man liest immer wieder, dass eine Analyse von Energiedaten viel über das Leben eines Endkunden aussagen kann. Welche Nutzen können künftig effektiv aus einer fundierten Analyse von Energiedaten für das Energieunternehmen resp. für den Endkunden generiert werden? Welche Risiken bestehen und wie begegnet ihr diesen?

Die Auswertung von Energie-Lastgangdaten kann Auskunft über Abläufe oder Verhaltensmuster in einem Haushalt geben. Daher sind diese Daten Personendaten und durch das Stromverteilgesetz und das Datenschutzgesetz entsprechend geschützt. Aktuell dürfen diese Daten ohne explizites Einverständnis nur für die Abrechnung der Energie und der Netznutzung, die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten sowie die Netzoptimierung bearbeitet werden.

Datenschutz und Datensicherheit ist für die Sysdex ein wichtiges Thema. Daher betreiben wir ein zertifiziertes Informationssicherheitsmanagementsystem nach ISO 27001 und unterstützen und entlasten damit unsere Kunden im korrekten Umgang mit den Daten.

Gibt es Vorstellungen, wie sich die Geschäftsmodelle der Energieunternehmen aufgrund der zusätzlichen Daten über das Kundenverhalten entwickeln können?

Voraussetzung für die Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen ist ein liberalisierter Energiemarkt, z.B. der Strommarkt. Ohne liberalisierten Markt sind nachfolgende Modelle nicht oder nur versuchsweise möglich.

Im Gespräch sind verschiedene Ansätze für angepasste oder erweiterte Geschäftsmodelle. Sie reichen von der Anpassung der Tarifmodelle (Einheitstarif bis dynamische Preisgestaltung) bis zum umfassenden Ansatz des Energiemanagements mit dem Betrieb von virtuellen Kraftwerken mit der Integration von Energiespeichern und Einspeisungen der Endkunden. Denkbar sind auch Beteiligungen von Endkunden an Produktionsanlagen des Energieversorgers oder die Bewirtschaftung der Anlagen der Endkunden durch den Energieversorger.

Die genannten Ansätze beinhalten meist auch das Ziel der Optimierung der Energieflüsse. Betriebs- und Nutzungsdaten werden daher bei allen Lösungen eine zentrale Rolle spielen.

In einem liberalisierten Markt werden neben den Energieversorgern auch Interessengemeinschaften (Beispiel Quartierstrom) ihren Ansatz umsetzen, beziehungsweise ihre Lösung anbieten wollen. Diese «Quartierlösungen» werden ein professionelles Kunden- und Daten-Management benötigen. Somit könnte auch die Betreuung solcher Quartierlösungen eine Chance für die lokalen Energieversorger sein, ähnlich wie bereits heute bei den Eigenverbrauchsgemeinschaften (EVG und/oder ZEV).

In dem Fall sind es weniger Daten über das Kundenverhalten sondern die Verarbeitung der anfallenden Daten, die eine Chance ergeben.

Herr Greiter, danke für Ihre Zeit und Ihre Einschätzung. EVUs sind in einem sich rasch entwickelnden Markt tätig. Das fordert, eröffnet aber auch Chancen. Genau da unterstützt xseed.works ihre Kunden, Entwicklungen beurteilen, Lösungen erarbeiten und diese operativ umsetzen.

6.10.22/ge