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Auswirkungen der Elektromobilität auf kommunale Verteilnetze

E-Mobilität: Erstens kommt es schneller und zweitens als man denkt

Vor genau einem Jahr haben wir unsere Einschätzung und Prognose zu den Auswirkungen der Elektromobilität in der Schweiz auf lokale Verteilnetze dargelegt. Die Prognose hat sich als in vielen Punkten richtig bestätigt. Tendenziell dürfte die Entwicklung sogar schneller gestartet sein als erwartet.

Die riesigen Summen, welche die Automobilindustrie in den vergangenen Jahren in Elektromobilität investiert hat, zeigen nun Ergebnisse. Bereits 2021 und besonders im laufenden 2022 kommt ein grosse Anzahl neuer Elektromobile auf den Markt und diese sprechen eine immer breitere Menge an Kunden an. Das Angebot an elektrisch betriebenen Autos entwickelt sich rasant: Dank der gigantischen Investitionen der Autohersteller werden sowohl funktional wie auch preislich attraktivere Modelle lanciert, und zahlreiche Automobilkäufer und -käuferinnen werden künftig zu einem E-Auto greifen.

In der Schweiz wurden in den letzten Jahren jährlich gut 300’000 Personenfahrzeuge neu in Verkehr gesetzt. Pandemiebedingt waren 2020 und auch 2021 mit je rund 240’000 Ausnahmen. Der Anteil reiner Elektro- und auch der Plug-In-Hybrid-PKW steigt dabei laufend an. 2021 haben die reinen Elektromobile immerhin einen Anteil von 13.2% an den neu in Betrieb genommenen Fahrzeugen erreicht. Rechnet man die hybriden E-Fahrzeuge dazu, so weist das BFS einen Anteil von bereits 44.7% aus. 2022 dürften diese Werte massiv übertroffen werden.

xseed.works ist sich daher noch sicherer, dass der Anteil Neuwagen mit rein elektrischem Antrieb sich über die nächsten Jahre massiv erhöhen wird. Innert 10 Jahren dürften mehr als zwei Drittel der Neuwagen voll elektrisch sein. Mit dieser Annahme zeigt die Simulation von xseed.works, dass Elektromobile in der Schweiz innert 10 Jahren über 30 Prozent ausmachen werden.

Diese Entwicklung wird an praktisch allen Orten spürbaren Einfluss auf den Stromverbrauch und auf die Belastung der Netze haben. Dazu folgendes Beispiel anhand einer existierenden Schweizer Gemeinde mit den effektiven Energie- und Leistungswerten als Randbedingungen:

  • Kennzahlen der Gemeinde: 4800 Einwohner, etwas lokale Industrie und Gewerbe, zahlreiche Pendler. Statistisch hat die Gemeinde ziemlich genau 2’500 PKWs (Der Schweizer Schnitt liegt bei 520 PKW auf 1000 Einwohner). Die Maximallast im Netz beträgt 5100kW, der jährliche Energieverbrauch liegt bei rund 26’000 MWh. 
  • Ein Anteil von 30  Prozent E-PKWs (Prognose) bedeutet für die Gemeinde also 750 Fahrzeuge mit Elektroantrieb. Bei einer durchschnittlichen Ladeleistung von 11kW und durchschnittlicher Batteriekapazität von 55kWh  (das ist konservativ gerechnet und entspricht etwa einem aktuellen, eher kleinen, Renault Zoe) ergibt sich folgende Situation: Eine volle Ladung braucht 4-5 Std. Alle 3-4 Tage  muss das Auto einmal ganz zu Hause und über Nacht geladen werden. Wenn alle gleichzeitig mit voller Leistung laden, ergibt sich eine Belastung von: 750 * 11 = 8’250 kW. Das wären mehr als 160 Prozent der aktuellen Maximallast. Sogar bei optimaler Verteilung der Ladezeiten für alle E-PKWs (zusätzlich konservative Annahme: 4 Std. Laden jeweils nur über Nacht alle 4 Tage) ergibt sich eine Belastung von: 1/12 von 8250kW, was rund 700kW oder 14% Zusatzbelastung entspricht.

Wie neuer Faktor kommt dazu – bidirektionales Laden

Seit einigen Jahren bereits unterstützt der Nissan Leaf bidirektionales Laden. Das heisst, Energie kann nicht nur ins Auto eingespeist werden, es kann auch Strom aus der Autobatterie entnommen und ins Haus oder ins Netz eingespeist werden (vehicle-to-home, vehicle-to-grid). Mit dieser Funktionalität stand der Leaf aber bisher praktisch alleine da. Entsprechend gibt es bisher keine praktischen Anwendungen dafür. Ab Ende 2022 sind nun zahlreiche weitere Modelle, beispielsweise von VW, angekündigt. Dadurch wird eine zusätzliche Dynamik im Netz entstehen. Plötzlich könnte Energie an zahlreichen weiteren Punkten nicht nur bezogen, sondern wieder eingespeist werden.

Leistungsspitzen steigen um bis zu 160 Prozent

Zusammengefasst ergeben sich für die aufgezeigte Beispielsgemeinde folgende massive Veränderungen:

  • Die zusätzliche Belastung bei 30 Prozent E-PKW beträgt sogar bei optimalster Verteilung der Ladetätigkeit rund 700kW über die Nachtstunden. Das entspricht einem Zusatz von 14% der aktuellen Maximallast der Beispiels-Gemeinde .
  • Ohne Optimierungs- oder Lenkungsmassnahmen wird diese zusätzliche Last massiv(!) höher
    sein. Viele Pendler kommen innerhalb der gleichen Stunde zurück und wollen
    gleichzeitig mit laden beginnen. Konkret für die Beispielsgemeinde: 30 Prozent E-PKW-Anteil wird zusätzliche Leistungsspitzen von 14 bis 160 Prozent auslösen.

Fazit

 Das Ladeverhalten wird künftig sehr starke zusätzliche Leistungsspitzen generieren. Zudem kann durch bidirektional ladefähige Autos Energie an bisher ungewohnten Punkten eingespeist werden. Die lokalen EVU benötigen daher zwingend Möglichkeiten, einerseits direkt auf das Ladeverhalten Einfluss nehmen zu können, andererseits unerwartete Schwankungen mit kontrolliertem Eingriff auszubalancieren (Flexibilitäten). Lösungen, die solche Funktionalität aufweisen, werden hoch komplex sein und sind bisher noch gar nicht umfassend verfügbar.

Möchten Sie mehr dazu erfahren, dann melden Sie sich bei uns.

Andreas Jossi
Chief Empowerment Officer 
andreas.jossi@xseed.works
Mobile +41 79 206 17 62
www.xseed.works.com