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Zusammenarbeit zur Stärkung der Elektrizitätsversorger TEIL 2

Wieso ist und bleibt das Thema aktuell? Ein zweiteiliger Blog mit Analysen und Gedanken von Andreas Jossi, xseed.works GmbH (2.Teil)

Die im Teil 1 aufgezeigten oder skizzierten Themen sind allein schon aufgrund der grossen Anzahl für ein EVU eine Herausforderung. Viele der Themen erfordern zunehmende Spezialisierung der verantwortlichen Personen. Für kleinere und mittlere EVUs können diese Themen daher zu einer massiven Belastung werden.

Was zeichnet EVUs aus?

Seit Jahrzehnten haben Mitarbeitende in Versorgungsunternehmen bewiesen, dass sie vorausschauend handeln können und dass sie in der Lage sind, täglich auf pragmatische und zielorientierte Weise Lösungen für auftretende Probleme und Herausforderungen zu finden. Auch sinnvolle, neue Technologien finden immer wieder den Weg in die Branche. Dies hat in hohem Masse dafür gesorgt, dass der Kunde seinen Strom, sein Gas oder sein Wasser rund um die Uhr in den gerade gewünschten Mengen beziehen kann.

Traditionell sind EVUs technisch-handwerklich geprägt und die Lösungskompetenzen sind diesbezüglich hervorragend. Kundenorientierung, Digitalisierung, regulatorische Fragen oder IT und Prozessdenken wurden hingegen lange als Nebenthemen angeschaut und sind auch heute oft noch weniger tief verwurzelt.

Die Anforderungen steigen am stärksten in diesen ehemaligen Nebenthemen und entwickeln sich zunehmend zu Hauptthemen. Ein EVU muss sich heute beispielsweise auch mit Datenschutz

und Cybersicherheit beschäftigen. Beide Themen sind weit weg von den Kompetenzen angesiedelt, die es braucht, um eine wettertaugliche Freileitung zu planen und zu bauen.

Was ist zu tun?

Für die zukünftigen Herausforderungen und die tagtäglichen Arbeiten braucht es umfassend leistungsfähige Versorger, welche die lokalen Verhältnisse und Bedürfnisse kennen und die in der Lage sind selbstbestimmt Entscheidungen zu fällen und deren Umsetzung überwachen oder selbst ausführen können. Die Versorger sind vielerorts technische Kompetenzzentren der Region. Sie bieten sich für zahlreiche Aufgaben an und bieten lokal spannende Arbeitsplätze. Für alle stellt sich immer wieder die Frage «make, or buy». Soll ein neues Thema mit eigener Kompetenz aufgebaut werden, oder ist es gescheiter eine passende Dienstleistung einzukaufen.

Der Einkauf von Dienstleistungen ist mit mehr oder weniger klarem Preisschild rasch möglich. Doch auch beim konsequenten Einkaufen von Dienstleistungen braucht es im Kern eines EVUs das vernetzte Verständnis für die verschiedenen Themen. Ohne Verständnis besteht die Gefahr, dass ein EVU auf Gedeih und Verderben von externen Entscheidungen abhängt. Es darf berechtigt gefragt werden, ob eine solche Struktur sinnvoll ist und ob die regionalen Interessen so gesichert werden können.

Wenn klar ist, dass aus alleiniger Kraft die benötigten Kompetenzen nicht aufgebaut werden können, liegt ein gemeinsamer Aufbau zusammen mit Partnern nahe. Viele der Anforderungen und Aufgaben sind bei allen Versorgern die gleichen. Brauchen zwei benachbarte EVU wirklich beide eine selten genutzte, aber vollständige Infrastruktur, um Netze zu bauen und zu unterhalten? Natürlich nicht. Und auch viele zentral abzuwickelnde, administrative und planerische Aufgaben könnten zusammengefasst werden.

Es liegt also nahe Synergien mit seinen Nachbarn zu suchen. Dabei sind viele Möglichkeiten denkbar. Das Spektrum reicht von der gelegentlichen Nachbarschaftshilfe mit dem Austausch von Material über gemeinsames Auftreten am Markt (beispielsweise zur Beschaffung von Energie) bis zu einem kompletten Zusammenschluss verschiedener Partner.

Welche Form von Zusammenarbeiten ist sinnvoll?

Zusammenschlüsse sind häufig kein rein sachliches Thema, sondern mit viel Geschichte und Emotionen belegt. Es ist daher wichtig in einem ersten Schritt den angestrebten Nutzen für alle Beteiligten klar zu definieren und anschliessend die dazu richtige Form zu wählen. Idealerweise können allfällige negativen, emotionalen Themen dabei abgeschlossen oder zumindest sehr weit weg parkiert werden.

Unabhängig von der angestrebten Form einer Zusammenarbeit gibt es mehrere Faktoren, bei denen sich immer wieder zeigt, dass sie generell wichtig sind:

Bewährte Erfolgsfaktoren (vereinfacht)

  1. Überzeugung: Bei den Verantwortungsträgern ist ein Bewusstsein für die Brisanz der Lage zu schaffen.
  2. Überzeugte einsetzen: Koalition der Erneuerer schaffen und mit Veränderung beauftragen.
  3. Leuchtturm: Vision und Strategie (und Kultur) entwickeln, welche die Veränderungen unterstützen.
  4. Steter Tropfen: Jeden Weg und jede Gelegenheit für Kommunikation an alle Betroffenen nutzen.
  5. Motivation: Kurzfristige Erfolge (Quickwins) planen und realisieren.
  6. Konsolidierung: Verankerung von neuen Ansätzen.

Die aufgeführten Faktoren basieren wesentlich auf der Erfahrung des Autors bei der Gestaltung von Zusammenschlüssen. Nebst aufgeführten Faktoren gilt es zu jedem Zeitpunkt für ein Umfeld (Firmen- und Projekt-Kultur) zu sorgen, welche neuen Ideen und Veränderungen positiv wertet und Leute belohnt, die sich diesbezüglich einsetzen. Erfolgreiche Zusammenschlüsse sind nicht selten ein Auslöser für anschliessende weitere Zusammenschlüsse.

Die gewählten Bezeichnungen orientieren sich an denjenigen aus den 8 Erfolgsfaktoren, welche JP Kotter für erfolgreiche Wechsel in Organisationen identifiziert hat (Kotter, John P., 1996. Leading Change. Harvard Business School Press. ISBN 978-0-87584-747-4.)

Fazit von xseed.works

Für die tagtäglichen Arbeiten und erst recht für die anstehenden Herausforderungen braucht es leistungsfähige Versorger. Vielerorts werden Kenntnisse der regionalen Verhältnisse und Bedürfnisse erwartet. Die Verantwortlichen für die Versorgungsaufgaben sollten in der Lage sein, selbstbestimmt Entscheidungen zu fällen sowie deren Umsetzung überwachen oder selbst ausführen zu können.

Durch den Einkauf von Dienstleistungen können grundsätzlich alle Versorgungsaufgaben gewährleistet werden. Die lokale Fähigkeit zur kompetenten Selbstbestimmung wird jedoch laufend abnehmen.

Entscheidet sich eine Gemeine oder Region zur selbstbestimmten Versorgung müssen zentrale und koordinierende Aufgaben durch eigene Strukturen mit eigenem Personal erbracht werden. Kleinere Versorger können sich das nur in Zusammenarbeit mit anderen Versorgern leisten.

Die Form der Zusammenarbeit bis hin zum Zusammenschluss sollte auf dem gemeinsam angestrebten künftigen Nutzen beruhen und vergangene Emotionen ausblenden. In der Realität verschwinden negative und bremsende Emotionen nicht einfach innert kurzer Zeit. Es empfiehlt sich, durch proaktive, transparente Kommunikation umstrittene Themen zu adressieren und Vertrauen aufzubauen. Eine sorgfältige Vorbereitung und Umsetzung von Zusammenarbeitsprojekten machen einen Erfolg deutlich wahrscheinlicher.

Haben Sie Fragen oder Anregungen?

Wünschen Sie ein Gespräch? Kontaktieren Sie uns. Wir freuen uns über einen Austausch.

Andreas Jossi
xseed.works